"Das High­light in Sin­ga­pur ist de­fi­ni­tiv die Ess­kul­tur. Sie ist sehr viel­fäl­tig und vor al­lem durch in­di­sche, chi­ne­si­sche und ma­lay­si­sche Ein­flüs­se ge­prägt.”

Hey, mein Name ist Gesine Hamberger, ich bin 21 Jahre alt und studiere seit 2019 dual mit der Firma Miele & Cie. KG an der FHDW in Bielefeld International Business. Ich habe die Möglichkeit bekommen, mein viertes Semester an der James Cook University in Singapur zu verbringen. Aufgrund der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Einreisebeschränkungen habe ich letztendlich nur zwei Monate in Singapur verbringen können.
Ende April 2021 habe ich die Information vom International Office bekommen, dass es im Sommer noch die Möglichkeit gäbe, ein Auslandsemester in Singapur oder anderen Ländern zu verbringen. Da ich 2019 bereits den Urlaub in Singapur verbrachte, war meine Entscheidung schnell klar, dass ich an die James Cook University (JCU) nach Singapur gehen möchte. Da die Zeit bis zum Semesterbeginn Anfang Juli sehr knapp bemessen war, habe ich zusammen mit dem International Office und der Austauschorganisation GOstralia schnell alle Unterlagen eingereicht und Dokumente beantragt.

Aufgrund der Corona-Pandemie habe ich zudem ein spezielles Studentenvisum benötigt, da Singapur zu dem Zeitpunkt sehr strikte Einreisebeschränkungen hatte. Als die Bestätigung der JCU kam, musste ich nur noch auf die Bestätigung meines Studentenvisums warten. Da die Fallzahlen zu der Zeit in Deutschland aber relativ hoch waren, hat die Einwanderungsbehörde die Visa für Deutsche ausgesetzt. Deshalb habe ich mich trotz einer Zeitverschiebung von sechs Stunden dafür entschieden, das Auslandssemester online von Deutschland aus zu beginnen.
Die Zeit bis zur Online-Orientierungswoche verging wie im Flug, sodass es für mich hieß: früh aufstehen! Einige Einführungsveranstaltungen begannen um 3 Uhr nachts, aber da ich nicht die einzige ausländische Studentin war, die noch auf ihr Visum warten musste, lernte ich schnell andere Studierende aus ganz Europa kennen. Danach fing auch schon die erste Vorlesungswoche an: Ich hatte insgesamt vier Kurse: International Business, International Marketing in the Global Village, Accounting Information Systems und Principles of Finance. Die Kurse sind jeweils in zwei- bis dreistündige Vorlesungen und die passenden zweistündigen Tutorien unterteilt, die jeweils wöchentlich stattfinden. In jedem Kurs legt man drei bis fünf Prüfungsleistungen im Laufe des Semesters ab, die z. B. aus Klausuren, schriftlichen Ausarbeitungen oder Online-Tests bestehen können.

Insgesamt ist die Lernatmosphäre trotz der teilweise großen Kurse mit über 150 Studierenden sehr familiär, da die Dozenten jederzeit erreichbar sind und man viele Gruppenarbeiten in den Tutorien gemacht hat. Über die Gruppenarbeiten habe ich auch von Deutschland aus Freunde in Singapur finden können, mit denen ich mich dann später getroffen habe, auch wenn viele zu dieser Zeit selbst in ihrem Heimatland waren.
Mitte August kam dann endlich die Nachricht, dass Singapur wieder einige Studentenvisa vergibt, sodass ich mich direkt online registriert habe. Zusammen mit zwei anderen Studenten aus Deutschland habe ich direkt in der ersten möglichen Woche eine Einreisemöglichkeit erhalten, sodass wir sofort unsere Flüge und eine Unterkunft für die 7-tägige Quarantäne (Stay-Home-Notice kurz SHN) buchen konnten.

Eine Woche später ging es für uns dann auch schon von Frankfurt aus 14 Stunden nach Singapur. Glücklicherweise war das Flugzeug sehr leer, sodass jeder von uns eine komplette Sitzreihe für sich allein hatte. Vor dem Abflug mussten wir bereits einen PCR-Test machen, direkt nach der Landung folgte dann noch vor der Einreise der zweite von drei PCR-Tests. Die Einreise an sich verlief problemlos und war sehr gut organisiert, obwohl man zahlreiche Dokumente vorweisen musste. Anschließend mussten wir uns mit einem speziellen SHN-Taxi auf direktem Weg zu unserer Unterkunft machen, die wir die nächsten Tage nicht verlassen durften. Überwacht wurde dies durch tägliche Besuche oder Videoanrufe, eine spezielle App, in die man dreimal täglich die Körpertemperatur eintragen musste und ein Trackingarmband, das man nicht ablegen konnte.

Die 7 Tage verbrachten wir hauptsächlich damit, Abgaben für die Uni fertigzustellen und möglichst abwechslungsreiches Essen zu bestellen. Am Ende der 7 Tage wurden wir dann wieder von einem speziellen Fahrer zu unserem letzten PCR-Test gebracht, der glücklicherweise bei uns dreien auch negativ war. Anschließend konnten wir unsere Armbänder entfernen, mussten keine täglichen Berichte mehr an die Behörden schicken und konnten unsere Unterkunft das erste Mal verlassen.
Das Leben in Singapur unterscheidet sich sehr zu meinem Alltag in Deutschland. Der größte Unterschied ist die Essenskultur, dazu später mehr, und das äußerst zuvorkommende Verhalten der Locals. Während meines Aufenthalts in Singapur habe ich in drei verschiedenen Stadtteilen gewohnt, die jeweils ganz unterschiedlichen Kulturkreisen angehören. Allgemein ist Singapur vor allem durch die chinesische, indische und malaysische Kultur geprägt, was je nach Stadtteil mehr oder weniger deutlich zu spüren ist.

Das Wetter ist überwiegend gleich, mal gewittert es, was aber bei einer Durchschnittstemperatur von 28 bis 30 Grad nicht stört.

Was für Europäer teilweise sehr befremdlich sein kann, ist die Sicherheitslage in Singapur, alle öffentlichen Bereiche sind streng kameraüberwacht und es gibt kaum Kriminalität. Daher ist es normal, in einem Café den eigenen Platz mit dem Handy oder Laptop zu reservieren. Auch das Einhalten der geltenden Corona-Maßnahmen wird streng überwacht, z. B. muss in der Öffentlichkeit immer eine Maske getragen werden und nur Geimpfte dürfen essen gehen oder Shoppingmalls betreten. Durfte man sich am Anfang meines Aufenthaltes noch mit fünf Personen treffen, wurde die Regel nach drei Wochen auf zwei Personen reduziert, dies gilt nicht nur für öffentliche Bereiche, sondern auch im eigenen Haushalt, wenn man nicht zu einer Familie gehört.

Ein weiterer großer Unterschied ist, dass alle Geschäfte auch sonntags geöffnet haben und man größtenteils bis 22 Uhr noch normal einkaufen gehen kann, Supermärkte haben zudem überwiegend 24 Stunden täglich geöffnet.
Die JCU ist eigentlich eine australische Universität mit zwei Standorten in Australien und einem in Singapur. Der Campus in Singapur ist sehr offen gestaltet und verfügt zudem über eine große Bibliothek, eine Kantine mit verschiedensten Essensständen und mehrere Sportplätze. Durch die geltenden Corona-Verordnungen fanden die Vorlesungen überwiegend online statt, was aufgrund des ausgezeichneten Lernportals aber kein Problem war.

Die Fächer selbst sind in verschiedene Schwierigkeitsstufen (von 1-3) aufgeteilt und bauen teilweise aufeinander auf. Die Fächer Accounting und Finance waren der Schwierigkeitsstufe 2 und International Business sowie International Marketing der Stufe 3 zugeordnet. In den meisten Fächern schreibt man während des Semesters mehrere Ausarbeitungen und Tests und am Ende eine Klausur, die ungefähr die Hälfte der Note ausmacht.
Singapur selbst hat viele Highlights, auch wenn einige Aktivitäten wegen Corona nur begrenzt möglich waren. Angefangen mit einer beeindruckenden Skyline, die man am besten während des Sonnenuntergangs in der Rooftop Bar vom Marina Bay Sands Hotel bestaunt, über zahlreiche Museen, Shoppingmalls, Naturreservoirs und verschiedene Inseln. Besonders beindruckend fand ich die National Gallery und die National Library, letztere habe ich zur Vorbereitung auf meine Klausuren oft besucht.

In dem relativ zentralen MacRitchie Reservoir kann man den tropischen Regenwald hautnah erleben und trifft z. B. auf Schlangen, Affen und Schildkröten – auch wenn eine Wanderung bei dem Wetter teilweise sehr anstrengend sein kann. Zum Entspannen empfehlen sich die Inseln St. Johns und Lazarus, die man nach ungefähr einer halbstündigen Bootsfahrt erreicht. Auch die Halbinsel Sentosa, auch Fun-Island genannt, eignet sich für einen Tagestrip. Ich war auf Sentosa nicht nur in den Universalstudios, sondern auch am Strand. Besonders Mutige können auch in den Kletterpark gehen oder einen Bungee Jump machen. Zahlreiche zentral gelegene Parks und die künstlich angelegten Gardens by the Bay spiegeln die tropische Lage Singapurs auch in der Stadt wider. Selbst der Flughafen in Singapur ist ein Highlight, er bietet zahlreiche Aktivitäten wie Pools, ein Kino und den größten Indoor-Wasserfall weltweit.
DAS Highlight in Singapur ist definitiv die Esskultur. Sie ist sehr vielfältig und vor allem durch indische, chinesische und malaysische Einflüsse geprägt. Man findet an jeder Ecke kleine Essenstände, an denen man sich sehr günstig eines der vielen Nationalgerichte kaufen kann. Besonders beliebt bei den Einheimischen sind die „Hawker Center“, eine Halle oder ein Platz mit vielen marktähnlichen Ständen, die die angebotenen Gerichte meist seit Jahren perfektioniert haben. In den zahlreichen Hawker Centern sollte man auf jeden Fall die folgenden Gerichte probieren:

Krabben mit Chili und schwarzem Pfeffer (Chilli Crabs): Die Chili- und Schwarzpfefferkrabben haben ihren Ursprung in Singapur, wo sie in den 50er Jahren von verschiedenen Restaurants an der Ostküste kreiert wurden. Das Besondere an den Chili-Krabben ist die eingedickte, süße und pikante Soße, die ein wenig, wie eine Kreuzung aus Chili- und Tomatensoße schmeckt.

Hainanischer Hühnerreis (Chicken rice): Das Nationalgericht Singapurs schlechthin. Dieses täuschend einfache Gericht, das von den frühen chinesischen Einwanderern von der Insel Hainan übernommen wurde, ist besonders beliebt wegen des aromatischen, in Hühnerbrühe gekochten Reises, des zarten, saftigen weißen Hühnerfleisches und der Chilisauce zusammen mit der dunklen Sojasauce.

Laksa: Nudeln, die in einer reichhaltigen und cremig-würzigen Kokosmilchsoße gekocht werden.

Roti Prata: Das knusprig-fluffige Fladenbrot hat sich aus einem pakistanischen und indischen Pfannkuchenrezept entwickelt und wird häufig mit Curry serviert, manche lieben es auch mit einem Löffel Zucker. Die Vielfalt der Pratas in Singapur wird immer aufregender. Neben den ursprünglichen Varianten mit Ei, Zwiebeln und Käse gibt es auch Füllungen mit Früchten wie Durian und Banane, Eiscreme und Schokolade.

Satay: Diese Fleischspieße, die als eines der beliebtesten malaiischen Gerichte in Singapur gelten, gibt es wahlweise mit Huhn, Rindfleisch, Garnelen und Ente. Sie werden über Holzkohle gegrillt und die äußere Schicht ist leicht verkohlt, während das Fleisch süßlich und schmackhaft ist. Typischerweise werden sie mit Erdnusssauce gegessen.
Fazit

Mein Auslandssemester in Singapur war sehr gelungen und würde ich jedem weiterempfehlen. Ich habe neue internationale Freundschaften knüpfen können und alle Dozenten an der JCU waren überaus freundlich und hilfsbereit. Auch eignet sich Singapur gut als Land, um die asiatischen Kulturen näher kennenzulernen, ohne dass man Angst haben muss, komplett auf die westliche Kultur zu verzichten. Insgesamt wäre ich am liebsten nach meinem Auslandssemester in Singapur geblieben und nicht ins kalte Deutschland zurückgekommen.

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