"Die Ar­beits­ta­ge wa­ren Ge­mein­schaft, kul­tu­rel­ler Aus­tausch, Hu­mor und Tee, Tee und noch­mals Tee.“

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Seit Oktober 2019 studiere ich International Business an der FHDW in Paderborn. Mein festes Partnerunternehmen ist die VAUTH-SAGEL Systemtechnik GmbH & Co. KG. Als führender Anbieter des Küchenzuliefermarktes zählt das Unternehmen namhafte Küchenhersteller und -anbieter aus der ganzen Welt zu seinen Kunden. Die Auswahl an Auslandsaufenthaltsorten war dementsprechend riesig. Um meine Sprachkenntnisse zu erweitern und neue Einblicke in die Kultur und Arbeitswelt zu gewinnen, entschied ich mich zusammen mit meinem Partnerunternehmen letztlich für Russland. Mein Praktikum absolvierte ich bei unserem Kunden Fiera in Jekaterinburg.
Ich habe mich für ein Promos-Stipendium für Anfang 2021 beworben. Aufgrund der zu dieser Zeit herrschenden Reisebeschränkungen war ein Aufenthaltsaufenthalt jedoch undenkbar. Das Stipendium konnte ich glücklicherweise aber auch noch Ende des Jahres wahrnehmen und dementsprechend die Förderung für Russland erhalten.

Vor der Abfahrt mussten dann noch einige wichtige organisatorische Dinge geklärt werden: Visum, Wohnung, Flug, Sprachkurs, Krankenversicherung etc. Ich bin mehr als dankbar, dass mir mein Partnerunternehmen und Fiera bei der Organisation geholfen haben. Zudem hat Corona die Planung nicht gerade einfacher gemacht. Spontanität und Flexibilität waren oftmals gefragt und bis zum letzten Moment war nicht sicher, ob der Aufenthalt wie geplant stattfinden kann.
Ich bin an einem Samstag in Jekaterinburg gelandet und konnte das restliche Wochenende noch gut nutzen, um die Stadt und die Umgebung zu erkunden. An meinem ersten Arbeitstag lernte ich die Kollegen und die Räumlichkeiten (Büros, Showrooms, Lagerhallen) kennen. Fiera konnte ich wie eine große Familie erleben, in der Zusammenhalt und Teamwork die Unternehmenskultur bestimmen. Kollegen luden mich während meines Aufenthaltes vermehrt zu unterschiedlichen Unternehmungen, Veranstaltungen und Ausflügen ein. Hatte ich für ein Wochenende zunächst keine direkten Pläne, wurden gemeinsam Pläne gemacht.
Während meines Auslandsaufenthaltes war ich größtenteils mit Marketing-Aufgaben beschäftigt: Katalog-, Homepage-, Shopgestaltung und Entwurf eines Prozesses zur Standardisierung der Reklamationseingänge. Ich konnte neue Eindrücke aus der Vermarktung unserer Vauth-Sagel-Produkte und der Partnerschaft zwischen unserem Unternehmen und unserem Kunden Fiera sammeln.

Die Arbeitstage waren geprägt von Gemeinschaft, kulturellem Austausch, Humor und Tee, Tee und nochmals Tee. In den kalten Wintermonaten, in denen die Temperatur bis auf bis -21° sank, wurde extrem viel Tee getrunken, um sich warm zu halten.
Die erste Hälfte des Tages war ich arbeiten, in der zweiten Hälfte hatte ich einen Sprachkurs, um meine Russischkenntnisse zu verbessern und zu erweitern. 12 Stunden in der Woche Grammatik pur. Schon nach einigen Wochen spürte ich meine Entwicklung. Ich wurde offener, gesprächiger und dachte öfter über Gespräche nach: Wie drückt man dies und jenes aus, kann man das auch noch anders sagen; wie ist dies und jenes grammatikalisch richtig… Zudem wurden kyrillische Buchstaben und Schreiben auf Russisch sowie Themen aus der Geschäftswelt thematisiert. Sprachkurse im entsprechenden Mutterland kann ich persönlich immer weiterempfehlen. Auch wenn man eine Sprache eventuell schon besser kann – der Austausch mit Muttersprachlern fördert enorm!
Vom 22. bis zum 26. November fand die „Mebel“-Messe in Moskau statt. Angeflogen bin ich mit einigen Kollegen schon am 20.11. Während die Kollegen den Messestand aufgebaut haben, hatte ich Zeit, um die Stadt zu erkunden. Sehenswürdigkeiten wie Roter Platz, Kreml, Basilius-Kathedrale, Lenin-Mausoleum etc. wurden besichtigt. Am 22. startete dann die Messe, die meiner Meinung nach trotz Corona ziemlich gut besucht war. Das Arbeiten hat extrem viel Spaß gemacht. Neue Bekanntschaften wurden geschlossen und nach Feierabend wurde sich mit Kollegen ausgetauscht und viel gelacht. Definitiv ein voller Erfolg in vielerlei Hinsicht!
Mein Apartment befand sich direkt im Herzen der Stadt, sodass alles Sehenswerte gut zu Fuß erreichbar war. Das Einkaufszentrum, der Winter-Hotspot Nummer eins, war zum Beispiel nur fünf Gehminuten entfernt. Was ich an Jekaterinburg ziemlich cool fand, war eine rote Linie: Quer durch die Stadt ist eine rote Linie gezogen, die entlang aller Top-Sehenswürdigkeiten führt. Ein Spaziergang auf dieser Linie und man erhält einen Überblick darüber, was die Stadt zu bieten hat – und das ohne große Google-Maps-Suche.

Unter der Woche war aufgrund der langen Arbeits-/Kurstage aktivitätenmäßig wenig los. Die ruhigen Wochentage wurden aber von umso aktiveren Wochenenden aufgewertet: Aussichtsplattform Vysotsky mit Blick über die gesamte Stadt; Europa-Asien-Grenze; Museumsbesuche im Glavnyy-Prospekt und im Vysotsky; Schießstand; Ganina Yama; Yel´tsin Center und und und …

Das erste Mal in Russland wurde von vielen ersten Malen geprägt: Das erste Mal im (russischen) Ballett; das erste Mal Reiten; das erste Mal in einer örtlich gebundenen Zirkusaufführung und das erste Mal in einem georgischen Restaurant (suuuper lecker und empfehlenswert).

Die Highlights meines Auslandsaufenthaltes waren neben der Messe in Moskau definitiv die Wochenendausflüge in die Stadt Kazan und in eine Ferienanlage in Sloboda. Das kleine Dörfchen strahlte nur so vor altem russischem Charme. Meine hölzerne Unterkunft befand sich direkt im Wald. Die Landschaft bot perfekte Möglichkeiten zum Wandern und am Abend wurde sich in einer typisch russischen Banja (Sauna) aufgewärmt.
Drei Dinge, die ich so nicht erwartet hätte:
  1. Preise für Benzin und Essen. Mit 60 Cent der Liter (was für die Russen anscheinend schon extrem teuer ist) sind die Benzinpreise in Russland mit unseren in Deutschland kaum zu vergleichen. Auch das Essen in Kantinen/Restaurants ist größtenteils billiger. Für ein ausgewogenes Mittagessen mit drei Gängen habe ich in der Kantine im Schnitt 2,30 € bezahlt.
  2. Stockender Verkehr bis zum Durchdrehen! 16 km wurden zu 1,5 Stunden Heimfahrt. Dazu kommt dann noch das crazy Fahrverhalten der Russen. Hupen und Drängeln waren am Start. Ich persönlich würde mir Autofahren in Russland nicht zutrauen …
  3. Schuhwechsel im Bürogebäude. Fand ich erst komisch, habe dann aber verstanden wieso: Bei Minustemperaturen von bis zu 40° und meterhohem Schnee zieht man seine wärmsten Winterschuhe an, mit denen es im Büro aber zu warm ist. Daher kommt dann der Wechsel zu Sneakern oder sogar Hausschuhen.
Was mich aber umso mehr begeistert/erstaunt hat, ist das große und freundliche Herz der Russen und ihr Interesse an Europa/Deutschland, unserem Lebensstil und unserer Kultur/Politik/Geschichte etc. Fragen zu unserer Lebensweise fielen täglich und das nicht nur auf der Arbeit.
Als ich Anfang Oktober nach Russland gereist bin, hatte ich das Gefühl, dass die Russen die Corona-Lage auf die leichte Schulter nehmen: Masken wurden nur halb oder gar nicht getragen. Am 1. November sind wir dann in einen Teil-Lockdown gegangen. Öffentliche Gebäude wie Theater, Kinos, Restaurants und Einkaufszentren konnten nur noch von Genesenen oder Geimpften besucht werden (2G-Regelung). An Eingängen wurden Sicherheitsleute platziert, die dies kontrollierten. Ich bin glücklicherweise überall mit meinem deutschen Impfausweis reingekommen und konnte meinen Aufenthalt in Russland weiterhin problemlos genießen.
Fazit

Ein Auslandsaufenthalt jeglicher Art ist definitiv empfehlenswert. Anfängliche sprachliche oder kulturelle Barrieren legen sich in der Regel schnell und die Erlebnisse und gesammelten Erfahrungen bereichern einen das ganze Leben lang! Mein Auslandsaufenthalt im eisig kalten und doch herzhaft warmen Russland wird in positiver Erinnerung bleiben und ich freue mich jetzt schon auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Kunden bzw. mit meinen neuen „Kollegen“.

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