"Für die Er­fah­run­gen und das Wis­sen, das ich in Por­tu­gal da­zu­ge­won­nen ha­be, bin ich un­glaub­lich dank­bar.“

Dass ein Schuh nicht in wenigen Minuten entsteht, ist uns allen bewusst. Dass es jedoch so vieler einzelner Schritte und Teile bedarf, das konnte ich erst durch die Zeit in Portugal erfahren. Von Ende September bis Anfang Dezember verbrachte ich mein Praxissemester mit der Wortmann Gruppe am Entwicklungsstandort in Portugal. Dort durfte ich neben den verschiedenen Produktionsstätten auch die Entwicklung rund um das Produkt kennenlernen.
Die Wortmann Gruppe arbeitet mit fünf Fabriken in Portugal zusammen, die genauso wie das Office von Wortmann alle in der portugiesischen Stadt Felgueiras liegen. Felgueiras ist bekannt für ihre vielen Schuh- und Textilfabriken und liegt ca. 45 Minuten von Porto entfernt. Ich habe viel Zeit in den jeweiligen Fabriken verbracht. So konnte ich den kompletten Schuherstellungs- sowie Entwicklungsprozess mitverfolgen. Die Mitarbeiter in den Fabriken haben sich sehr viel Mühe gegeben, uns die einzelnen Schritte bis ins Detail zu erklären. Da man immer besser lernt, wenn man auch selber Hand anlegen kann, durfte ich während meiner Zeit ebenfalls einen eigenen Schuh erstellen. So durfte ich das Leder per Hand ausschneiden (was mich tatsächlich einige Blasen an den Fingern gekostet hat), oder selber an der Nähmaschine arbeiten. Bevor ich nach Portugal gekommen bin, dachte ich immer: Einen Schuh zu produzieren, dafür benötigt man doch gar nicht so viele Personen – bei der technischen Entwicklung, die wir heute haben! Jetzt weiß ich, dass dies definitiv nicht der Fall ist. Jeder Schuh ist Handarbeit. Jeder Schuh ist anders. Ganz schön faszinierend!

Doch nicht nur die Produktion, sondern auch die Entwicklung habe ich haargenau mitansehen dürfen. So habe ich die Entwicklung der Prototypen in Zusammenarbeit mit unseren Designern und Produktmanagern sowie die nachfolgende Korrektur mit begleitet. Eines meiner persönlichen Highlights dabei: einen eigenen Schuh in Zusammenarbeit mit unserer Designerin zu designen, der tatsächlich mit in die Kollektion aufgenommen wird. Ein tolles Gefühl und ich bin jetzt schon gespannt, den fertigen Schuh im Laden sehen zu können.

Natürlich gehört zu dem gesamten Prozess auch die Zusammenarbeit mit verschiedensten Lieferanten. Ein Schuh besteht ja bekanntlich nicht nur aus dem Obermaterial, sondern auch Schnürsenkel, Reißverschlüsse, Nieten und Sohlen müssen besorgt und ausgesucht werden. Gar nicht so einfach bei der vielen Auswahl.
Selbstverständlich hat die Corona-Pandemie auch in Portugal einiges erschwert. Während der Arbeitszeit mussten selbstverständlich Masken getragen und natürlich auch der Sicherheitsabstand eingehalten werden. Nichtsdestotrotz hatten wir das Glück, trotzdem alle Schuhfabriken sehen zu können. Zwar fielen die Besuche zu der Schnürsenkel-Fabrik oder einer Gerberei in Spanien aus, allerdings wurden wir mit zahlreichen Videos versorgt, weshalb wir auch dort einiges an Wissen gewinnen konnten. Ich bin mir deshalb sicher, dass wir durch Corona in Portugal nicht weniger gelernt haben.
In meiner Freizeit hatte ich das große Glück, auch trotz Corona meinem Hobby, dem Handballspielen, weiter nachzugehen zu können. Der Verein „A.C Lusitanos“ hat mich kurzerhand in sein Team aufgenommen, wodurch ich nicht nur beruflich, sondern auch außerberuflich die portugiesische Kultur kennenlernen durfte. Auch wenn die Sprachbarriere außerordentlich hoch gewesen ist, da nur wenige Portugiesen Englisch sprechen, und ich leider kein Portugiesisch, konnte ich mich dennoch mit Händen und Füßen auf dem Spielfeld verständigen und hatte unglaublich viel Spaß dabei, den einen oder anderen Handballbegriff auch auf Portugiesisch kennenzulernen. Hier hielten sich die Corona-Beschränkungen in Grenzen. Zwar musste der Trainer dauerhaft eine Maske tragen und wir Spieler vor jedem Training Fieber messen, nichtsdestotrotz dufte anders als in Deutschland weiter trainiert werden.
Gewohnt haben wir in der Stadt Matosinhos, die direkt am Meer liegt. Obwohl wir im Herbst bzw. im Winter in Portugal gewesen sind, hatten wir das Glück, noch die eine oder andere Zeit in der Sonne am Meer zu verbringen. Vor allem meine Joggingstrecke (Steg direkt am Meer) werde ich so schnell nicht vergessen.

Da Porto mit dem Bus von Matosinhos nur ca. 25 Minuten entfernt ist und auch die Buspreise mit humanen zwei Euro bezahlbar sind, habe ich meine Freizeit ebenfalls sehr viel dort verbracht und die Stadt mit ihrem besonderen Flair kennengelernt. Porto ist eine unglaublich tolle und faszinierende Stadt mit einer besonderen Architektur, die ich mit Sicherheit nochmal besuchen werde. Zum Ende unserer Zeit in Portugal gab es leider einen verstärkten Lockdown, weshalb wir uns leider nicht mehr von der Stadt „verabschieden“ konnten. Am Wochenende durfte man seinen Distrikt nicht mehr verlassen und ab 13 Uhr gab es einen kompletten Lockdown, bei dem man sich nicht mehr auf den Straßen aufhalten durfte und auch Supermärkte und Co. geschlossen waren.
Fazit

Alles in allem waren die zehn Wochen in Portugal eine unglaublich tolle Zeit, in der ich sowohl die portugiesische Kultur als auch die komplette Entwicklung und Produktion rund um den Schuh kennenlernen durfte. Zwar waren auch hier die Auswirkungen von Corona zu spüren, allerdings hat mich das keineswegs aufgehalten, tolle Erfahrungen zu machen und mich sowohl beruflich als auch menschlich weiterzuentwickeln.

Auch wenn ich am Anfang etwas traurig gewesen bin, dass es aufgrund der Pandemie leider nicht möglich gewesen ist, nach China zu gehen, bin ich mir sicher, dass ich in China nicht hätte mehr lernen können. Die Erfahrungen und das Wissen, das ich während meiner Zeit in Portugal dazugewonnen habe, hätte ich so in Deutschland niemals erlernt, weshalb ich unglaublich dankbar dafür bin, so eine Erfahrung gemacht zu haben.

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