„Mit et­wa acht Mil­lio­nen Ein­woh­nern ist Dong­gu­an für die Chi­ne­sen eher ei­ne Klein­stadt, für uns war es al­les an­de­re als das.“

Von Anfang Januar bis Mitte März 2020 habe ich meinen Auslandsaufenthalt bei Novi Footwear Ltd., dem Tochterunternehmen meines Partnerunternehmens Wortmann, absolviert. Neben dem Office im chinesischen Dongguan konnte ich Zeit bei unseren Produktionen in Kambodscha und Vietnam verbringen.
Die Vorbereitungen für meine Zeit in China wurden zu großem Teil durch mein Unternehmen übernommen. Das International Office der FHDW musste ich daher lediglich für die Bewerbung um ein Promos-Stipendium konsultieren. Visum als auch Auslandskrankenversicherung wurden für mich ausgestellt und Flüge und Unterbringungen bereits gebucht, wodurch sich der zeitliche Aufwand im Vorfeld für mich auf ein Minimum beschränkt hat. Auch der Kontakt zu meinen Betreuern vor Ort war durch den stetigen geschäftlichen Kontakt kein Problem, sodass für meine Ankunft alles vorbereitet war. Zudem reiste ich nicht allein, sondern in Begleitung eines Kollegen und Kommilitonen, der zur selben Zeit seinen Auslandsaufenthalt dort verbrachte.
Der ursprüngliche Plan für meinen Aufenthalt war es, drei Wochen in Dongguan zu verbringen, über Chinese New Year zwei Wochen in Kambodscha zu arbeiten, anschließend für ein paar Tage nach Hongkong und dann wieder zurück nach Dongguan zu reisen. Aufgrund des Corona-Ausbruchs wurde der Plan dann aber geändert, sodass wir nach den ersten drei Wochen in China unseren Aufenthalt in Kambodscha auf vier Wochen verlängerten und im Anschluss zwei Wochen in Vietnam verbrachten, bevor es dann nach verkürzter Gesamtzeit wieder zurück nach Deutschland ging.
Nach unserer Ankunft am Flughafen in Hongkong wurden wir von einem Fahrer abgeholt, der uns in das etwa 60 km entfernt liegende Dongguan brachte und uns auch bei der Einreise nach China behilflich war. Vor Ort erhielten wir am ersten Tag chinesische Sim-Karten sowie eine Einführung in das Unternehmen und das Leben in China. Die ersten Tage verbrachten wir in der Folge damit, uns in der Stadt und der Umgebung unseres Hotels zurechtzufinden.

Mit etwa acht Millionen Einwohnern ist Dongguan für die Chinesen zwar eher eine Kleinstadt, für uns war es allerdings alles andere als das. Generell gibt es dort viele auch aus Europa bekannte Ketten und Geschäfte. Neben unzähligen Malls, Wolkenkratzern und Gebäudekomplexen beherbergt Dongguan aber auch kilometergroße Parks. Der Größte davon lag sehr nah an unserem Hotel, was uns die Möglichkeit gab, zwischen all dem Lärm auch ein wenig Ruhe in der Natur zu genießen.

Weiterhin gibt es eine stabile Infrastruktur öffentlicher Verkehrsmittel durch Metro, Busse und Bahnen, die auch Anbindungen zu weiteren naheliegenden Großstädten wie Hongkong oder Guangzhou anboten. Die Preise für Verkehrsmittel lagen dabei, genau wie die generellen Lebenshaltungskosten, unter den uns bekannten europäischen Standards. Für die etwa 12 km lange Fahrt mit Bus und Metro zur Arbeit zahlten wir zusammengerechnet etwa 60 Cent.
Eine der größten Hürden während der Zeit in China war die Sprachbarriere. Nur wenige Chinesen außerhalb des international orientierten Industrieparks, in dem sich auch unsere Firma befand, sprechen Englisch. Daher kam es bei unseren Freizeitaktivitäten an manchen Stellen zu Kommunikationsproblemen. Doch auch solche Situationen konnte man mit Übersetzer-Apps und ein bisschen Geduld ohne große Probleme bewältigen.

Weiterhin ist das chinesische Leben in einigen Bereichen deutlich fortschrittlicher als das deutsche. Während ich aus meiner Heimatstadt Restaurants kenne, in denen man nicht einmal mit Karte zahlen kann, ist es in China gang und gäbe, überall mit seinem Handy über Dienste wie WeChat oder Ali Pay zu bezahlen. Da man hierfür allerdings ein chinesisches Konto benötigt, stand uns diese Möglichkeit leider nicht offen. Unpraktisch war außerdem, dass in China viele Apps und Dienste wie Google, WhatsApp oder Instagram staatlich gesperrt sind. Dies ließ sich zwar durch VPN-Anbieter umgehen, was das Ganze aber nicht weniger nervig machte.

Das Arbeitsleben ähnelte dem deutschen – abgesehen von leicht verschobenen Arbeitszeiten – jedoch sehr. In China verbrachten wir dieses in dem großen Bürokomplex des Unternehmens. Ich war in der Development-Abteilung eingesetzt, die sich mit dem Entwicklungsprozess neuer Schuhe für zukünftige Kollektionen beschäftigt.
Ab Ende Januar verließen wir China in Richtung der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh, in der wir die nächsten vier Wochen verbringen sollten. Dort lernten wir viel über die einzelnen Prozesse der Produktion und kamen außerdem dazu, unseren eigenen Schuh herzustellen. Auch über Qualitätskontrollen oder Social-Compliance-Regularien erfuhren wir einiges. Kambodscha ähnelte China kulturell dabei stark. Jedoch sprechen die Leute dort vermehrt Englisch, weshalb die Kommunikation dort einfacher war. Die Lebenshaltungskosten waren auch in etwa dieselben.

Nachdem unsere Zeit und unser Visum in Kambodscha abgelaufen waren, bekamen wir spontan noch einmal die Gelegenheit, zwei weitere Wochen in den Produktionen in Vietnam zu verbringen. Dort beschäftigten wir uns erneut mit der Entwicklung und Herstellung verschiedenster Schuhmodelle und konnten diese dann mit den Prozessen in Kambodscha vergleichen.
Die Zeit in Asien generell offenbarte uns einen Einblick in für uns ungewohnte Kulturen und zeigte uns schnell viele Unterschiede zu Europa auf. Neben Nuancen wie Verhaltensweisen, Gewohnheiten oder dem Essen fiel einem dabei vor allem der Straßenverkehr ins Auge. Der Verkehr in China und besonders in Kambodscha ist in keinster Weise mit dem deutschen zu vergleichen. Vorfahrtsregeln und rote Ampeln werden dort eher freiwillig interpretiert und es empfiehlt sich, als Fußgänger äußerste Vorsicht walten zu lassen, wenn man versucht von A nach B zu kommen. In Kambodscha ließ sich dies durch die Tuk-Tuks umgehen, welche überall zu finden sind und einen für einen schmalen Taler an sein Ziel bringen.

Aber neben vielen Unterschieden gab es gerade in den großen Städten mehr Parallelen zu Europa als mancher vielleicht denken würde.
Mein Fazit

Insgesamt war der Aufenthalt in China, Kambodscha und Vietnam eine sehr spannende Zeit und es ist schade, dass wir den Aufenthalt vorzeitig abbrechen mussten. Ich bin sehr froh darüber, einen Blick über meinen westlich geprägten Tellerrand geworfen zu haben und denke, dass ich aus dieser Zeit vieles mitnehmen werde.

Ich wurde ein weiteres Mal darin bestärkt, dass man sich durch die Zeit im Ausland beruflich als auch persönlich weiterentwickelt. Ich kann jedem nur empfehlen, einen Auslandsaufenthalt in jeglicher Form, sei es ein Auslandssemester oder ein Praktikum, zu absolvieren und diese Chance zu ergreifen. Gerade Asien bietet die Möglichkeit, sich selbst herauszufordern und viel Neues kennenzulernen.

Du möch­test auch ins Aus­land und et­was er­le­ben?