"Es dau­er­te kei­ne Fünf Ta­ge, bis ich mich in dem Land wirk­lich wohl ge­fühlt ha­be.“

Mein duales Studium International Business an der FHDW in Paderborn habe ich im Wintersemester 2017 begonnen. In diesem Studiengang ist es verpflichtend, mindestens sechs Wochen der Studienzeit im Ausland zu absolvieren. In meinem Partnerunternehmen, der Wortmann KG, ist es allerdings üblich, eine komplette Praxisphase, also 12 Wochen, im Ausland zu verbringen. Bezüglich des Aufenthaltsorts können wir bei Wortmann zwischen Moskau und Asien wählen, wobei Moskau nur mit ausreichend Russischkenntnissen möglich ist. Da dies bei mir nicht der Fall ist und ich so oder so einen Aufenthalt in Asien bevorzugt habe, stellte sich die Frage für mich nicht.

Den Großteil der Zeit in Asien verbringen wir „Wortmann-Studenten“ in Dongguan, einer 8-Millionen-Stadt in China, in der unsere Tochterfirma (Novi Footwear International Co. Ltd., ca. 300 Mitarbeiter) ihren Hauptsitz hat. Hinzu kamen bei mir ein zweiwöchiger Aufenthalt in Kambodscha und fünf Tage in Hongkong.
Die gesamte Organisation im Vorfeld (Flüge, Visum, Hotelbuchungen etc.) hat die Firma für mich übernommen. Ich musste lediglich ein Motivationsschreiben und mein Lebenslauf an unsere Tochterfirma in Asien schicken. Zudem hatte ich das Glück, für meine Zeit in China ein multiples Visum bekommen zu haben. Denn nur dadurch war es mir möglich, während der drei Monate beliebig oft nach China ein- und wieder auszureisen. So konnte ich beispielsweise spontan für Wochenendtrips in die jeweils zwei Autostunden entfernten Stadtstaaten Hongkong und Macao fahren.

Weiter habe ich mich für meine Zeit in Asien auf ein PROMOS-Stipendium beworben und dies später auch erhalten. Sowohl die Bewerbung für das Stipendium als auch alle darauffolgenden Schritte liefen mithilfe des International Office der FHDW problemlos und unkompliziert ab.
Die Auslandspraxisphase war für mich der erste längere Aufenthalt im Ausland – das erste Mal allein und das erste Mal in Asien. Logischerweise habe ich nach meiner Ankunft in China zunächst einmal einen kleinen Kulturschock erlitten und mir gewünscht, so schnell wie möglich wieder in Deutschland zu sein. Dieses Gefühl verflog bei mir aber auch wieder sehr schnell und es dauerte keine fünf Tage, bis ich mich in dem Land wirklich wohl gefühlt habe.

Sehr geholfen hat mir dabei, dass zum Zeitpunkt meiner Ankunft auch die Produktmanager aus Deutschland vor Ort waren. Diese reisen nahezu jeden Monat nach Dongguan und sind dementsprechend ortskundig, sodass ich mit ihrer Hilfe schnell eine Reihe neuer Leute sowie alle wichtigen Lokalitäten der Stadt kennenlernte.

Allgemein hat mir mein Aufenthalt in Dongguan sehr gut gefallen. Auch wenn hier acht Millionen Menschen leben sollen, kam es mir oft so vor, als wäre ich in einer „Kleinstadt“. Meine Wochenenden habe ich immer in der so genannten „Bar Area“ verbracht. Die Bar Area, ein Bereich mit diversen Bars und Restaurants, ist vor allem ein Treffpunkt für alle Ausländer, die entweder komplett in China leben oder beruflich hier unterwegs sind. Die Stadt ist wirklich sehr international und man hat die Möglichkeit, Menschen aus verschiedensten Ländern und Kontinenten kennenzulernen. Zudem sind wirklich so gut wie alle Menschen (egal ob Chinese oder Ausländer) sehr freundlich und offen, sodass es zumeist einfach ist, mit den Leuten in Kontakt zu kommen. So bin ich an den Wochenenden beispielsweise auch einfach mal alleine in eine Bar gegangen, mit dem Wissen, dass man höchstwahrscheinlich sowieso wieder Anschluss bei irgendwelchen anderen Leuten findet.
Die Arbeit in Dongguan war wirklich jeden Tag interessant und lehrreich. Besonders gut gefallen hat mir die Nähe zum Produkt. Natürlich hat man in Detmold zwar auch immer den Kontakt zu den Schuhen, es ist aber immer nur der fertige Schuh, den man zu sehen bekommt. In China hingegen hatte ich die Möglichkeit, nahezu den gesamten Weg des Schuhs von der ersten Idee bis zum fertigen Verkaufsmuster zu begleiten.

Der grundsätzliche Ablauf meiner Auslandspraxisphase war sehr ähnlich zu dem meiner Kollegin Judith Tappe. In ihrem Bericht beschreibt sie u. a. ausführlich den Arbeitsalltag und die unterschiedlichen Abteilungen im Hauptsitz von Novi Footwear in Dongguan, weshalb ich diesen Teil überspringen werde. Hier geht’s zu Judiths Bericht.
Nach drei Wochen Dongguan ging es für mich in die Hauptstadt Kambodschas, Phnom Penh. Und ich muss sagen, Phnom Penh an sich war einfach überhaupt nicht meins. Zu dreckig, zu voll, zu heiß, ein zu extremer Unterschied zwischen Arm und Reich. Zudem gab es keine Fußgängerwege, man musste also immer auf den generell schon überfüllten Straßen laufen, was ich als ziemlich nervenaufreibend empfunden habe.

Aber von vorn: Insgesamt war ich für zwei Wochen in Kambodscha, um in einer der Fabriken, die u. a. für Wortmann produziert, den gesamten Ablauf der Schuh-Produktion kennenzulernen. Die Zeit in der Fabrik war wirklich sehr interessant, der Kontakt zu den Fabrikarbeitern spannend. Außerdem durfte ich auch meinen eigenen Schuh herstellen und so alle Schritte auch mal selber ausprobieren, was mir bei meinem Verständnis rund um den Schuh extrem weitergeholfen hat.

Wie mir Phnom Penh gefallen hat, habe ich ja oben schon kurz erwähnt. Weiter hatte ich aber das Glück, dass während meiner zweiten Woche in Kambodscha anlässlich des Geburtstags eines verstorbenen Königs von Montag bis Mittwoch für das ganze Land frei war. So hatte ich inklusive des Wochenendes fünf Tage Zeit, um „Urlaub“ im sechs Stunden entfernten Siem Reap zu machen. Siem Reap ist an sich nicht all zu groß. Da aber das Wahrzeichen Kambodschas und UNESCO-Weltkulturerbe Angkor Wat mit dem Tuktuk nur 15 Minuten entfernt ist, tummeln sich vor allem in den Sommermonaten sowohl viele einheimische als auch ausländische Touristen in der Stadt.

Mich persönlich hat Siem Reap für alles entschädigt, was ich in Phnom Penh vermisst habe. Auf der einen Seite waren die Tempelanlagen rund um die Stadt einer der beeindruckendsten Orte, die ich bisher in meinem Leben gesehen habe. Auf der anderen Seite war das Nachtleben dort einfach nur verrückt sowie unglaublich vielfältig, da Menschen aus verschiedensten Nationen dort am Abend zusammenkamen. Außerdem ist dort wirklich alles unfassbar günstig gewesen. Egal ob das Hotelzimmer, das Mittagessenn, die Fahrten mit dem Tuktuk oder die Getränke in den Bars am Abend.

Ob in Phnom Penh oder in Siem Reap – grundsätzlich sind mir ganz allgemein zwei Dinge an Kambodscha aufgefallen, die ich als sehr angenehm empfunden habe: Zum einen sind wirklich alle Leute dort unglaublich nett und hilfsbereit gewesen. Zum anderen ist ein Großteil der kambodschanischen Bevölkerung der englischen Sprache mächtig. Egal ob im Hotel, im Restaurant oder beim Friseur, mit Englisch kam man immer irgendwie weiter. Das war in China nicht der Fall. So musste ich beispielsweise einen Chinesen aus dem Office bitten, als Übersetzer mit mir zum Friseur zu kommen, da es in Dongguan (acht Millionen Einwohner) scheinbar wirklich keinen Friseur gibt, der Englisch spricht. Das gleiche Problem galt für Restaurants, sodass man immer auf Bilder in den Speisekarten angewiesen war. Und auch in meinem Hotel in China, ich war im IBIS Hotel in Dongguan (also einer eigentlich internationalen Hotelkette), konnte tatsächlich nicht ein Mitarbeiter auch nur ein bisschen Englisch sprechen oder verstehen.
Auf zwei Wochen Kambodscha folgten bei mir fünf Tage Hongkong. Unser Office dort ist relativ klein (25 Mitarbeiter) und für mich persönlich nicht besonders spannend gewesen. Ganz im Gegensatz zu der Stadt an sich. Hongkong war für mich anfangs die reinste Reizüberflutung. Denn in Hongkong ist zum einen alles grundsätzlich überdimensional groß und zum anderen ist wirklich fast jeder Ort, an den man sich begibt, komplett überfüllt.

Achja und wer nach Hongkong kommt, sollte vorher genug Geld einpacken. Denn nicht ohne Grund ist Hongkong die Stadt mit der höchsten „Reichendichte“ weltweit. Ich habe wirklich noch nie so viel Reichtum auf so wenig Fläche gesehen, so viel Designerkleidung, so viele teure Autos, so viele teure Uhren. Und dementsprechend teuer ist auch alles andere in der Stadt.

Aber nichtsdestotrotz ist Hongkong natürlich eine Reise wert und zumeist schlichtweg beeindruckend. Ich war insgesamt zweimal dort. Das erste Mal fünf Tage für die Firma und beim zweiten Besuch ein Wochenende zum „Urlaub machen“. Natürlich ist das nicht genug Zeit, um alles in Hongkong gesehen zu haben. Aber man bekommt zumindest einen Eindruck und kann sich seine eigene Meinung über der Stadt bilden. Für mich war die Stadt als Kurzurlaub super und ich würde immer wieder für ein paar Tage/Wochen zurückkommen wollen. Eine komplette Praxisphase hingegen würde ich in Hongkong nicht verbringen wollen, da die Stadt zu jedem Zeitpunkt extrem überfüllt ist und ich glaube, dass die sehr hohen Preise auf Dauer wirklich anstrengend sein können.
Mein Fazit

Alles in allem war die Zeit in Asien eine sehr positive, gewinnbringende und vor allem unglaublich lehrreiche Erfahrung für mich. Auf der einen Seite konnte ich mir während meiner Zeit vor Ort Wissen rund um die Schuhproduktion und den Schuh an sich aneignen, dass ich hier in Deutschland in der Form und der kurzen Zeit niemals hätte erlangen können. Auf der anderen Seite hat mich der Aufenthalt in Asien nahezu jeden Tag dazu gebracht, aus meiner Komfortzone herauszukommen und mir dementsprechend dabei geholfen, mich auch persönlich enorm weiterzuentwickeln.

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